In einem mehrteiligen Blogbeitrag möchte ich mit euch über das Thema Stress sprechen. Wie er entsteht? Was macht er mit uns? Und was können wir dagegen tun?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht Stress als eine der größten Gesundheitsgefahren des 21. Jahrhunderts.
In einer deutschlandweiten Umfrage der TK gaben 64% der Menschen an, manchmal oder häufig gestresst zu sein. In einer Gruppe von 10 Personen sind also mindestens 6 Personen von Stress betroffen.
Wissenschaftliche Studien belegen zunehmend den Zusammenhang zwischen Stress, Krankheit und Schmerz.
Eine in den USA durchgeführte neurobiologische Studie hat gezeigt, dass 9 von 10 Personen, die einen Arzt aufsuchen, psychische Probleme haben.
Wir haben nie richtig gelernt, mit Stress umzugehen. Das nimmt uns aber nicht die Verantwortung ab, es zu lernen.
Wenn man nicht weiß, wie man mit Stress umgeht, dann ist es sogar notwendig, zu lernen, wie man damit umgeht.
Hier einige Anzeichen für ein gestresstes Leben
- Magenschmerzen und Übelkeit
- Erschöpfung
- Chronische Krankheiten
- Ausgebranntsein
- Kurzatmigkeit
- Gereiztheit und Nervosität
- depressive Verstimmungen
- Schlafstörungen
Wie dies geschieht, werden wir später sehen.
Der Begriff Stress kommt aus der Physik. Er beschreibt, wie stark sich ein Material unter der Einwirkung einer bestimmten Kraft verformt. - Knete vs. Bleistift.
Kannst du dir Situationen vorstellen, in denen du dich eher wie ein Bleistift fühlst? Du kannst dich wieder “formen”. Schreibe diese Situationen auf, damit du im Bewältigungsteil gleich ein Beispiel hast.
Die Entstehung von Stress lässt sich sehr gut mit dem Transaktionsmodell von Lazarus darstellen.
Das Transaktionsmodell von Lazarus.
Wir Menschen sind programmierte (konditionierte) Wesen, die von Emotionen gesteuert werden. Das gilt auch für Stress.
Nun zum Bild: Intuitiv erfolgt eine erste Bewertung einer Situation.
Wenn du ein Ereignis als irrelevant oder positiv einschätzt, entsteht kein negativer Stress. Das heißt, du musst das Ereignis oder deinen Umgang damit nicht anpassen.
Ich gebe dir ein Beispiel: Eine Person kommt im dunklen Treppenhaus eines Parkhauses auf dich zu. Wenn diese Person Einkaufstüten in der Hand hat und überhaupt nicht bedrohlich aussieht, kann man die Situation als „irrelevant“ einstufen.
Handelt es sich bei der entgegenkommenden Person sogar um einen Bekannten, ist es sogar positiv - du freust dich. In beiden Fällen löst das Ereignis bei dir keine Stressreaktion aus. Es besteht also kein Handlungsbedarf.
Was aber, wenn die Person, die auf dich zukommt, schwer zu erkennen ist? Vielleicht trägt er eine Kapuze. Es ist sowieso dunkel. Er macht irgendwie einen aggressiven Eindruck auf dich.
Dann ist alles anders, oder? Auf jeden Fall. Denn in diesem Fall schätzt du die Situation wahrscheinlich als potenziell bedrohlich ein. Die erste Stressreaktion könnte jetzt ablaufen. Gleichzeitig schätze ich aber auch automatisch ein, ob ich im Moment die Ressourcen habe, um die Situation zu bewältigen oder nicht.
Was ist mit Ressourcen gemeint?
In unserem Beispiel könnte es einen Unterschied machen, ob ich gerade Pfefferspray in der Jackentasche habe oder nicht. Oder ob ich den schwarzen Gürtel in Karate habe. Also ob ich mich verteidigen kann. Das wäre eine Ressource, denn „Ressourcen“ beschreiben alle Möglichkeiten und Mittel, die dir zur Verfügung stehen, um mit dieser konkreten Situation umzugehen.
Das können äußere Ressourcen sein, wie das Pfefferspray, oder innere Ressourcen, wie ein starkes Selbstbewusstsein. Beides ist gleichermaßen hilfreich.
Aus diesem Transaktionsmodell lassen sich folgende Schlüsse ziehen:
Für eine erfolgreiche,in unserem Kontext - stressfreie Reaktion auf eine Situation können wir an zwei Hauptpunkten ansetzen.
Zum einen an der Einschätzung der Situation und zum anderen an der grundsätzlichen Stärkung unserer Ressourcen. Für beide Stellschrauben besprechen wir später nützliche Möglichkeiten.
Je besser du Situationen einschätzen und bewältigen kannst, desto stressfreier wirst du durchs Leben gehen.
Wenn du den Artikel über Angst und Konditionierung gelesen hast, ist dir wahrscheinlich aufgefallen, dass es Zusammenhänge zwischen Angst und Stress gibt. Angst ist der größte Stressauslöser.
Körper und Stress
Erinnerung an eine Stresssituation und die Reaktion des Körpers darauf. Vielleicht schlägt es dir wie mir auf den Magen.
Das ist völlig normal und erklärt sich aus der Evolution des Menschen.
Es ist noch gar nicht so lange her, da gab es noch keine Bürojobs, sondern endlose Savannen und Feinde. Der Körper war darauf vorbereitet, zu überleben. In einer Situation wie der Begegnung mit einem Säbelzahntiger stellte der Körper automatisch alle Prozesse ein, auch die Verdauung, um die maximale Leistung aus den Muskeln herauszuholen. Wir kennen solche Momente aus unserem Leben. Plötzlich können wir länger laufen oder schwerer heben.
Die Veränderung im Körper geschieht durch Hormone, die der Körper ausschüttet.
Adrenalin bewirkt, dass das Herz schneller schlägt, die großen Muskelgruppen mit mehr Sauerstoff versorgt werden, Endorphine das Schmerzempfinden des Körpers verringern.
Exkurs Biochemie des Körpers:
Schauen wir uns das Ganze einmal aus Sicht der Hormonausschüttung an:
1. Adrenalin - Erhöht die gesamte Herz-Kreislauf-Funktion, um die Muskeln leistungsfähiger zu machen → es verengt die kleinen Blutgefäße und versorgt die großen Muskeln mit mehr Blut und Sauerstoff. Die Bronchien erweitern sich, so dass mehr Sauerstoff aufgenommen werden kann. Wir atmen schneller und flacher.
2. Endorphine - Auch Glückshormone genannt, lassen uns Belastungen (Schmerzen) weniger stark empfinden. Außerdem hemmen sie die Darmtätigkeit und verringern das Hungergefühl. Dadurch nehmen wir Müdigkeit weniger wahr und konzentrieren uns auf das “Überleben”.
3. Oxytocin, auch Kuschelhormon genannt - stärkt unser Herz. Spürbar bei Verliebtheit oder beim Streicheln von Tieren.
Dieser “Hormoncocktail” wird gleichzeitig ausgeschüttet, um den Körper kurzzeitig leistungsfähiger zu machen.
Allerdings können wir in diesen Momenten nicht mehr so gut denken. Die Pupillen sind geweitet und wir erkennen vor allem Bekanntes. Gleichzeitig werden alle regenerativen Prozesse wie Verdauung oder Nahrungsverwertung gedrosselt.
Es ist keine Zeit, um kreativ zu sein oder etwas zu erschaffen. Es ist Zeit zu reagieren. Der berühmte “Kampf oder Flucht”-Modus.
Lasst mich noch auf ein Paradox eingehen, das mit Albert Einsteins Definition des Wahnsinns zusammenhängt: "Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und ein anderes Ergebnis zu erwarten”.
Mark Manson nennt dieses Paradox “The feedback loop from hell”.
“Es gibt einen heimtückischen Fehler in deinem Gehirn, der dich in den Wahnsinn treiben kann, wenn du ihn zulässt. Sag mir, ob dir das bekannt vorkommt: Du hast Angst, jemandem in deinem Leben etwas zu sagen. Diese Angst lähmt dich und du fängst an, dich zu fragen, warum du so ängstlich bist. Jetzt hast du Angst, weil du Angst hast. Oh nein! Doppelt ängstlich! Jetzt bist du ängstlich, weil du ängstlich bist, und das macht dich noch ängstlicher. Schnell, wo ist der Whisky?”
Let's move on
Genug Theorie und Erklärungen, was Stress in unserem Körper auslöst und dass er sich auf Dauer nicht positiv auf unser Leben auswirkt.
Die Informationen sollen dir keine Angst oder Sorgen machen. Sieh sie als ersten Schritt zur Besserung.
Es ist wichtig. Wenn dein Auto kaputt ist, musst du zuerst verstehen, was das Problem ist und wie es funktioniert, bevor du es reparieren kannst.
Stress muss nicht dauerhaft in unserem Leben sein. Stressige Situationen sind dazu da, uns etwas zu zeigen. Etwas, das uns stört, wo wir Widerstand aufgebaut haben. Akzeptiere es und sei dir bewusst, dass du es ändern kannst.
Du musst dich nicht mehr darüber ärgern, dass du dich geärgert hast. Du bist zu mehr fähig, als nur zu reagieren und deine Lebensumstände so hinzunehmen, wie sie sind.
Betrachte die Umstände aus einer größeren Perspektive. Was hält dich davon ab, auf Stress zu reagieren? Kannst du dein Leben nicht so genießen, wie du es eigentlich möchtest? Bist du ständig erschöpft?
Mach dir bitte Notizen dazu. Denn im nächsten Teil findest du Lösungen für diese energieraubenden Situationen.
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